Die PR-Branche leidet. Sie windet sich und jammert, sie mault und schmollt. Schon wieder haben ihnen die Werber in Cannes die Schau gestohlen. Seit einigen Jahren gibt es beim Kreativ-Festival in Cannes nun auch die Kategorie „PR“ und so rückte die schillernde Stadt in Frankreich in den Fokus der Öffentlichkeitsarbeiter. Die Öffnung von Cannes in Richtung PR war wie ein Ritterschlag für eine Disziplin, die sonst eigentlich die leiseren Töne anschlägt und lieber im Hintergrund agiert. Endlich glaubte man sich aufgenommen in den Reigen der kreativen Kommunikationsdisziplinen, sonnte sich im Glanz der schillernden Welt des Festivals und fühlte sich ernst genommen vom „großen Bruder Advertising“. Doch die Enttäuschung kam schnell. Gleich im ersten Jahr gewann zwar eine PR-Agentur den Award, aber in den Folgejahren und vor allem in diesem Jahr wurden wir alle geschlagen von … Werbeagenturen. In „unserer“ Kategorie. Die Empörung ist groß und ergießt sich in einem nicht enden wollenden Strom an Blogkommentaren (so auch meiner), Fachpresseartikeln und Branchendiskussionen. Erklärungen werden gesucht, Vergleiche werden angestellt: Warum sind Werber kreativer als PRler? Wie kann es sein, dass die uns mit ihren Mitteln schlagen? Ist das fair? Ist das gerecht? Und so weiter und so weiter.
Als ich zum ersten Mal einen Award in Händen hielt, war ich extrem stolz. Ich war noch am Anfang meiner Karriere und hatte mit meinem Team für ein erfolgreiches Programm rund um US-Sonnenblumenkerne die „Goldene Brücke“ gewonnen, den Vorgänger des Deutschen PR-Preises. Ein erster von zahlreichen weiteren Preisen. Und auch heute noch freue ich mich über jede Auszeichnung und jeden Preis, den wir für die Kampagnen unserer Kunden erhalten. Aber um jeden Preis?
Cannes hat eine lange Tradition, ist von Werbern für Werber gemacht. Eine schillernde Bühne, ein Branchentreff, auch fachlicher Austausch, gar ähnlich wie TED oder DLD, aber vor allem eine große Party. Die räumliche Nähe zum Filmfestival mit ihren Stars und Sternchen, Red Carpet Zeremonie und Blitzlichtgewitter ist sehr gewollt. Doch ist das auch unsere Bühne? Sicher, auch wir wären so gerne im Rampenlicht. Doch spiegelt das unser tatsächliches Wirken wieder?
Schon lange nennen wir uns eigentlich nicht mehr „PR-Agenturen“. PR wird leider zu oft mit „PRessearbeit“ gleichgesetzt und dies ist doch nur noch eine unter vielen anderen Facetten unserer Arbeit. Als Kommunikationsagentur ist unsere Disziplin heute so viel breit gefächerter. Unsere Disziplin ist nach wie vor „Public Relations“. Beziehungsmanagement mit der Öffentlichkeit und Teilöffentlichkeiten. Unser Hebel ist die Kommunikation. Wir bringen Menschen zusammen und helfen ihnen erfolgreich in den Dialog miteinander zu treten.
Unter diesem Aspekt erscheint mir die „Kreativität“, wie sie in Cannes interpretiert wird, zum Teil unangemessen als Gradmesser für unsere Arbeit. Wer sich die Cannes-Gewinner ansieht, alles großartige Arbeiten, sieht eine bestimmte Art an Kreativität, eine Kreativität, die nur einige Aspekte unserer tatsächlichen Arbeit abdeckt. In vielen unserer Kampagnen können und wollen wir weder auffallen, noch humorvoll, noch schillernd oder gar überraschend sein. Und doch ist sind auch diese Programme in ihrer Art kreativ - kreativ auf ihre Weise.
Sich hier abzusetzen und eine eigene Interpretation von Kreativität zu definieren, das wäre tatsächliche der Ritterschlag für unsere Disziplin. Eine Disziplin mit Zukunft, die selbstbewusst neben dem „großen Bruder Advertising“ antreten kann. Aber dies hieße auch, sich nicht zu grämen, wenn in Cannes andere den Award abholen und über den roten Teppich laufen. PR still can´t have it all.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.