17 September, 2012

Outside the Box is out. Inside is in.

Zu viel Information. Zu viele Möglichkeiten. Zu viele Ideen. Wir leben im Überfluss. Die neue vernetzte Welt gibt uns Zugang zu einer Vielfalt, wie nie zu vor. Die Kreativquellen sind unendlich groß, Zugriffsmöglichkeiten auf Kreativpotential sind unerschöpflich. Möchte man meinen.
Und doch wird die Suche nicht einfacher. Wir suchen weiterhin lange, intensiv und immer härter nach wirklich Außergewöhnlichem. Unsere Arbeit als Kreative ist irgendwie nicht einfacher geworden. Fast im Gegenteil möchte ich sagen. Denn zunehmend ringen wir darum, die Kakophonie an unsinnigen Stimmen da draußen auszublenden und unsere Konzentration zurückzugewinnen.

Ein Zeitgeist-Phänomen, das nicht nur uns Kreative trifft. In einer Kreativsession saß ich vor kurzem mit jungen Frauen um die 20 zusammen. Wir waren auf der Suche nach einer Kampagnenidee für eine Frauenhygienemarke. Selbstverständlich kommt man in so einem Zusammenhang auf Frauenthemen zu sprechen. Angefangen von ganz persönlichen Themen wie Liebe und den Schwierigkeiten zwischen Mann und Frau bis hin zu den großen politischen Themenfeldern wie Frauenförderung und ebenso den Schwierigkeiten zwischen Mann und Frau. In der Runde waren einige Frauen zwischen 30 und 40 und diese waren schnell bei der Sache, um für die Rechte der Frau zu kämpfen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten in Beruf und Gesellschaft. Die 20jährigen waren bei diesem Thema seltsam still. Direkt gefragt kam dann eine für mich, und ich bin 44, eine überraschende Antwort. Eine 22jährige drückte es so aus: „Ich weiß, was Frauen anderer Generationen vor mir dafür geleistet haben. Ich fühle mich heute überhaupt nicht eingeschränkt als Frau. Ganz im Gegenteil. Was auch immer in Beruf und Leben ich erreichen will, ich weiß, dass mir alles offen steht. Zu viel offen steht.“ Junge Menschen können sich heute bei der Berufswahl zwischen über 80 verschiedenen kaufmännischen Berufen entscheiden oder 421 Hochschulen. Und diese Vielfalt setzt sich im kleinen, täglichen Leben vor, denn ich kann zwischen mehr als 20 Zahnpastasorten wählen und bei Boboq gibt es 4.914 Möglichkeiten seinen Bubble Tea zuzubereiten.


Grenzenlose Vielfalt führt zu Orientierungslosigkeit. Variabilität wird zur Beliebigkeit.
Eine Sehnsucht nach Rührungslinien und Richtungsweisendem macht sich breit. So ist es an der Zeit der immer währenden Forderung nach „Think out of the Box“ Einhalt zu gebieten und zu fordern: „Think inside the box“.

Denn die eigentliche Kunst ist es, die richtige Box zu definieren, bevor man sich in die Ideensuche für ein Problem stürzt. Und diese Box hat genau vier Ecken. So einfach, so spießig und so limitierend. Aber irgendwo muss man mit der Orientierung ja anfangen.

In der ersten Ecke steht: ein klares Ziel. Oft scheitern wir ja schon daran, ein Ziel zu definieren. Und damit ist bitte nicht der sog. „Output“ gemeint. Es geht nicht darum, zu beweisen, dass wir viel machen, sondern was wir bewirken wollen. Also: wie sieht Erfolg aus?

In der zweiten Ecke: eine klare Strategie. Da ist es, das zweitgefürchtete Wort unserer Branche. „Strategie“ & „Kreativität“ sind die meist missbrauchten und nebulösesten Worte der Kreativbranche. Doch weg mit Mythos und Überhöhung. Es gilt einen Weg zum Erfolg zu definieren, genau das ist eine Strategie. Gute Ideen müssen diese Kriterien erfüllen.

In der dritten Ecke: Inspiration und Stimulation im richtigen Maß. Kreative müssen immer ihre Antennen für Neues, Inspirierendes und Stimulierendes ausstrecken. Denn aus Ideen entstehen neue Ideen. Aber wir müssen nicht alles erfassen und unseren Frieden damit finden, dass wir nicht alles erfassen. Denn genau die individuelle und auch unvollständige Mischung, die wir heute in eine Ideenfindung als Kreativer einbringen, macht den Unterschied. Jeder von uns bringt diese ganz besondere Mischung mit. Und in der die Kombination mit anderen entsteht dann etwas wirklich Neues, Aufregendes. 

In der vierten Ecke: unser Bauchgefühl. Ganz genau. Wir müssen wieder lernen, auf uns selbst zu hören und zu vertrauen. Allein das „auf sich hören“ wird aber schon zum Problem. Büroarbeiter werden alle drei Minuten von einer Email aus ihrer Konzentration gerissen. Im Durchschnitt arbeiten Manager elf Minuten konstant an einer Aufgabe, springend dann zu einer anderen Aufgabe und kommen nach 25 Minuten wieder zur ursprünglichen Aufgabe zurück. Dann dauert es aber bis zu acht Minuten bis man sich wieder voll eingearbeitet hat, bleiben noch drei Minuten, um wieder …

Outside the box is out – Inside is in. Konzentrieren wir uns doch auf das Wesentliche.

Tipps für die Ideenfindung:

1.    Setzen Sie einen klares Ziel für Ihre Aufgabe.
2.    Definieren Sie eindeutigen Kriterien, die Ihre Ideen erfüllen müssen.
3.    Sammeln Sie alles – und misten Sie dann das meiste wieder aus.
4.    Kombinieren Sie Ihr Wissen und Ihre Ideen mit anderen.
5.    Starten Sie Brainstormings mit einer Konzentrations- oder Atemübung.
6.    Hören Sie auf Ihren Bauch.
7.    Nehmen Sie sich Auszeiten. Eine Minute Mini-Entspannung pro Tag. Ein Tag ohne Handy. Zwei Tage offline. Drei Tage auf dem See oder Berg. Gerne auch länger.
8.    Finden Sie Ihren Lieblingsort.

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