13 August, 2011

Die Angst vor dem Urteil der anderen

Mit der Aufforderung "jeder malt jetzt mal seinen Nachbarn" löst Tim Brown, CEO von ideo, jedesmal Gegluckse und Gedruckse aus. Wir schämen uns, dem Nachbarn das Gekritzel zu zeigen und entschuldigen uns sogar für unsere Unfähigkeit, ein perfektes Portrait abzugeben. So reagieren Erwachsene. Kinder tun das nicht. Ihnen fehlt noch die Erfahrung, negativer Kritik zu ernten. Statt dessen gehen sie stolz und unvoreingenommen mit ihrem „künstlerischen“ Werk auf jeden zu. Sie vertrauen auf das positive und bestätigende Urteil der Eltern und meist bekommen sie es auch. Erst Jahre später ändert sich das. Die Eltern werden kritischer gegenüber dem heranwachsenden Kind, weniger tolerant und spätestens, wenn Lehrer auf die Werke schauen, hagelt es Kritik, Korrekturen und Einschränkung.

Ohne die Angst vor dem Urteil unseres Nachbarn wären wir offener, ungezwungener, produktiver und mutiger. Wir würden viel öfter unsere Ideen äußern und eben nicht Angst haben vor dem Urteil der Anderen.

Kreative Unternehmen haben erkannt, dass ihre Mitarbeiter mehr benötigen als stimulierende Räume. Mehr als Ruhezonen und Spielwiesen, physische Räume, die einladen, Ideen zu entwickeln und auszudrücken (siehe die Firmenzentralen von ideo, pixar oder Google). Sie haben erkannt, wie wichtig es ist, stimulierende mentale Räume zu schaffen. Eine offene, entspannte und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in Erwachsene den Mut finden, kreative Risiken einzugehen, sich sicher fühlen, auch mal was ungewöhnliche Ideen entwicklen und präsentieren.

Um diese Angst vor dem Urteil der Andren zu umgehen, setzt die Ideenschmiede ideo z.B. auf das Prinzip „Spiel“ bzw. „spielerischen Umgang mit Problemen“. In Spielen gehen wir mit Problemen offener, ungezwungener und flexibler um, als im wahren Leben. Wir trauen uns, ungewöhnliche Wege zu gehen und was auszuprobieren: „Ist ja nur Spiel“, sagen wir oft. Auch wenn seriöse Kunden von ideo oft irritiert sind von dieser Vorgehensweise, so sind sie doch auch fasziniert, welche kreative Kraft in dieser Arbeitsweise steckt. Und Tim Brown unterscheidet dabei drei verschiedene Arten des Spiels:
1.      Playful Exploration: das spielerische Entdecken und Ergünden des Problems und die spielerische Ideenfindung
2.      Playful Building: und damit meint er die Kraft des Protypes. Einen Protypen zu bauen ist spielerisch, aber auch eine Minimierung des Risikos im Spiel
3.      Rollenspiele: sich in die Situation hinein zu versetzen, in die Zielgruppe, in die Protagonisten des Problems – all das ist die Urform des Spieles, wie man es auch bei Rollenspielen von Kindern sieht. Im Kreativprozess hilft es vor allem, Empathie einzubringen und die Problemlösung aus den „Augen der Betroffenen“ anzusteuern.

In seinem sehenswerten TED Talk bringt Tim Brown dazu wunderbare Beispiele.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.